Starke Windböen bringen unser Auto ins Schlingern, sodass wir uns bedrohlich nah am Abgrund bewegen. Etwas weiter unten brechen sich die Wellen mit ohrenbetäubendem Lärm an den Felsen. Ein grandioser aber auch schauerlicher Anblick. Ich versuche, meine Frau zu besänftigen, die meiner Meinung nach zu schnell fährt.
— Fahr langsamer, Schatz! Am Ende passiert uns sonst noch etwas!
Die einzige Antwort darauf ist ein Achselzucken und eine bissige Bemerkung:
— Du musst gerade von Vorsicht sprechen! Wenn du selber etwas vorsichtiger gewesen wärst, dann wäre dieses Drama niemals passiert. Ist dir überhaupt bewusst, dass du auf meine arme Großmutter geschossen hast?
Natürlich verstehe ich, dass meine Frau aufgewühlt ist, aber das ist kein Grund, so schnell zu fahren. Vor allem wenn sie dabei mich ansieht, statt auf die Straße zu achten, mit einer furchtbaren Mischung aus Wut und Kummer in den Augen. Ich versuche noch einmal, mich zu rechtfertigen:
— Du weißt genau, dass es keine Absicht war! Es war ein Unfall...
— Trotzdem hast du voll ins Schwarze getroffen. Eine einzige Kugel hat gereicht! Mitten ins Herz!
Frauen werden das nie verstehen. Erstens war das keine Kugel, sondern eine Patrone. Ich war dabei, mein Jagdgewehr zu reinigen, und da hat sich der Schuss von alleine gelöst. Ich habe natürlich nicht absichtlich auf die Großmutter gezielt!
Wieder eine Kurve, die Reifen quietschen. Ich halte mich so gut es geht fest. Schluchzend, mit erstickter Stimme, wimmert meine Frau:
— Großmama... Wenn ich sie wieder vor mir sehe, wie sie da am Boden lag, vor dem Kamin, wie ein jämmerlicher kleiner Haufen. Außerdem hast du sie nie gemocht, gib's zu!
Es stimmt, dass sie mir recht unsympathisch war. Sie war bärbeißig und hat sich immer in Angelegenheiten eingemischt, die sie nichts angingen. Am schlimmsten war es, als meine Frau beschlossen hat, dass sie zu uns nach Hause kommt; ich hatte ständig das Gefühl, von ihr beobachtet und belauscht zu werden, dass sie alles, was ich tat, bewertete. Das war ein unerträgliches Martyrium. Ich finde es eher löblich von mir, dass ich sie all die langen Jahre ertragen habe. Aber das war noch lange kein Grund, sie von der Bildfläche verschwinden zu lassen... Und meine Frau, die nicht aufhört zu klagen!
— Du hast dich immer dagegen gewehrt, dass sie bei uns bleibt. Du wolltest, dass wir sie an einem „geeigneten Ort" unterbringen, wie du immer scheinheilig sagtest, weil du Angst hast, die Dinge beim Namen zu nennen...
Es stimmt, ich fand es ungesund, ständig ihre Anwesenheit ertragen zu müssen. Nicht nur für mich, sondern auch für meine Frau.
— Sie hat doch nicht gestört!
Da bin ich anderer Meinung. Auch wenn es nicht meine Schuld ist, so bin ich doch recht froh über dieses Unglück. Soll man mich doch ein Monster nennen. Jedenfalls drängt jetzt die Zeit: Wir sollten Großmutters Überreste loswerden, bevor es Probleme gibt.
— Drossel bitte deine Geschwindigkeit. Du willst doch nicht, dass deine Großmutter einen zweiten Unfall hat?
Eigentlich wollte ich einen Witz machen, um die Stimmung aufzuhellen. Denkst du! Die Tränen meiner Frau fließen jetzt umso heftiger.
— Großmama... Und noch dazu liegt sie im Kofferraum! Du hattest nicht einmal den Anstand, sie auf einen der Sitze zu platzieren!
Voller Wut tritt sie aufs Gas und schrammt an der Leitplanke vorbei, die uns vom Abhang trennt. Eine Haarnadelkurve nach der anderen, die Nacht ist pechschwarz, und zu allem Unglück trommeln jetzt auch noch dicke Tropfen auf die Windschutzscheibe. Ein Schauer hat uns gerade noch gefehlt! Immerhin dürfte der Abzweig zu der kleinen abgeschiedenen Bucht jetzt bald kommen. Ich spähe in die Finsternis... Und plötzlich... tauchen zwei Motorräder neben uns auf.
— Mist, die Bullen! Bei deiner Fahrweise musste das ja kommen!
Und schon geben sie uns Zeichen, anzuhalten. Meine Frau wischt mit dem Handrücken ihre Tränen aus dem Gesicht und lässt die Scheibe herunter, um ihre Papiere vorzuzeigen, wie es die beiden Beamten verlangen. Aus dem Augenwinkel verfolge ich angespannt denjenigen, der um unser Auto herumtigert, mit der klaren Absicht, uns dafür bezahlen zu lassen, dass er bei diesem Sauwetter Streife fahren muss. Es soll wenigstens nicht umsonst sein, denkt er wahrscheinlich. Dass er Großmama im Kofferraum entdeckt, würde gerade noch fehlen! Ich bete zum Himmel, dass meine Frau, die zusehends blasser wird, zittert und stottert, die Nerven behält! Ich bezweifle allerdings, dass sie es schafft. Der andere Polizist scheint milder gestimmt zu sein. Er ist bereit, uns weiterfahren zu lassen, und geht wieder in Richtung Motorrad, doch der andere bleibt hartnäckig.
Ganz bestimmt ist er schlecht drauf, und natürlich muss es uns jetzt treffen! Mit seiner Taschenlampe leuchtet er den Fahrgastraum aus, und mit seinen Blicken durchsucht er das ganze Auto. Er sieht enttäuscht aus. Da befiehlt er mir, den Kofferraum zu öffnen. In dem Moment dreht meine Frau durch.
Als ich höre, was sie sagt, stehen mir die Haare zu Berge:
— Finger weg vom Kofferraum, brüllt sie, da ruht meine Großmutter drin! Mein Mann hat versehentlich auf sie geschossen! Wir wollten sie gerade ins Meer werfen. Verstehen Sie? In dem Zustand können wir sie doch nicht behalten.
Einen einfachen Polizisten kann ein solch spontanes Geständnis schon sprachlos machen. Als er sich wieder gefangen hat, fängt auch er an zu brüllen, um seinen Kollegen zu alarmieren, der auf meine Tür zustürzt, mich mit Gewalt aus meinem Sitz zerrt und mich gegen die Motorhaube drückt. Da stehe ich nun, die Hände in Handschellen auf dem Rücken, und muss mich einer ausführlichen Leibesvisitation unterziehen. Meine Frau befindet sich in der gleichen Situation, auf der anderen Seite der Motorhaube. Wir stehen da wie Pik-Sieben.
Jetzt wo wir unschädlich gemacht wurden, können sich die Bullen wieder aufspielen.
— Wir fahren also mit einer Leiche im Wagen durch die Gegend? Habe ich mir doch gleich gedacht, dass da etwas faul ist.
Ich sterbe vor Angst. Wie werden sie wohl reagieren, wenn sie entdecken, was von Großmama übriggeblieben ist, nachdem sie eine Ladung Schrot aus nächster Nähe abbekommen hat? Schonungslos zerren sie mich am Jackenkragen zum hinteren Teil des Autos, ohne von meinem Protest Notiz zu nehmen.
— Eine Leiche, eine Leiche... Nur nichts übertreiben!
Bei dem Gedanken, dass ich die Großmutter so leicht beseitigen konnte, sogar ohne zu zielen, überkommt mich die Lust, loszulachen, aber das ist jetzt nicht der richtige Augenblick. Der Polizist öffnet die Heckklappe... und seine triumphierende Mine entgleist in eine furchtbare Grimasse.
— Was ist das?
Er hält unseren Staubsaugerbeutel hoch.
Endlich komme ich dazu, die Lage zu erklären:
— Das da, das ist Großmama! Aus Versehen habe ich mit meinem Jagdgewehr auf ihre Urne geschossen. Seit drei Jahren schon stand sie auf unserem Kamin! Also hat meine Frau die Asche aufgesaugt, die auf dem Boden verteilt war, und die wollten wir jetzt ins Meer werfen... Das ist doch wohl nicht verboten, oder?
— Fahr langsamer, Schatz! Am Ende passiert uns sonst noch etwas!
Die einzige Antwort darauf ist ein Achselzucken und eine bissige Bemerkung:
— Du musst gerade von Vorsicht sprechen! Wenn du selber etwas vorsichtiger gewesen wärst, dann wäre dieses Drama niemals passiert. Ist dir überhaupt bewusst, dass du auf meine arme Großmutter geschossen hast?
Natürlich verstehe ich, dass meine Frau aufgewühlt ist, aber das ist kein Grund, so schnell zu fahren. Vor allem wenn sie dabei mich ansieht, statt auf die Straße zu achten, mit einer furchtbaren Mischung aus Wut und Kummer in den Augen. Ich versuche noch einmal, mich zu rechtfertigen:
— Du weißt genau, dass es keine Absicht war! Es war ein Unfall...
— Trotzdem hast du voll ins Schwarze getroffen. Eine einzige Kugel hat gereicht! Mitten ins Herz!
Frauen werden das nie verstehen. Erstens war das keine Kugel, sondern eine Patrone. Ich war dabei, mein Jagdgewehr zu reinigen, und da hat sich der Schuss von alleine gelöst. Ich habe natürlich nicht absichtlich auf die Großmutter gezielt!
Wieder eine Kurve, die Reifen quietschen. Ich halte mich so gut es geht fest. Schluchzend, mit erstickter Stimme, wimmert meine Frau:
— Großmama... Wenn ich sie wieder vor mir sehe, wie sie da am Boden lag, vor dem Kamin, wie ein jämmerlicher kleiner Haufen. Außerdem hast du sie nie gemocht, gib's zu!
Es stimmt, dass sie mir recht unsympathisch war. Sie war bärbeißig und hat sich immer in Angelegenheiten eingemischt, die sie nichts angingen. Am schlimmsten war es, als meine Frau beschlossen hat, dass sie zu uns nach Hause kommt; ich hatte ständig das Gefühl, von ihr beobachtet und belauscht zu werden, dass sie alles, was ich tat, bewertete. Das war ein unerträgliches Martyrium. Ich finde es eher löblich von mir, dass ich sie all die langen Jahre ertragen habe. Aber das war noch lange kein Grund, sie von der Bildfläche verschwinden zu lassen... Und meine Frau, die nicht aufhört zu klagen!
— Du hast dich immer dagegen gewehrt, dass sie bei uns bleibt. Du wolltest, dass wir sie an einem „geeigneten Ort" unterbringen, wie du immer scheinheilig sagtest, weil du Angst hast, die Dinge beim Namen zu nennen...
Es stimmt, ich fand es ungesund, ständig ihre Anwesenheit ertragen zu müssen. Nicht nur für mich, sondern auch für meine Frau.
— Sie hat doch nicht gestört!
Da bin ich anderer Meinung. Auch wenn es nicht meine Schuld ist, so bin ich doch recht froh über dieses Unglück. Soll man mich doch ein Monster nennen. Jedenfalls drängt jetzt die Zeit: Wir sollten Großmutters Überreste loswerden, bevor es Probleme gibt.
— Drossel bitte deine Geschwindigkeit. Du willst doch nicht, dass deine Großmutter einen zweiten Unfall hat?
Eigentlich wollte ich einen Witz machen, um die Stimmung aufzuhellen. Denkst du! Die Tränen meiner Frau fließen jetzt umso heftiger.
— Großmama... Und noch dazu liegt sie im Kofferraum! Du hattest nicht einmal den Anstand, sie auf einen der Sitze zu platzieren!
Voller Wut tritt sie aufs Gas und schrammt an der Leitplanke vorbei, die uns vom Abhang trennt. Eine Haarnadelkurve nach der anderen, die Nacht ist pechschwarz, und zu allem Unglück trommeln jetzt auch noch dicke Tropfen auf die Windschutzscheibe. Ein Schauer hat uns gerade noch gefehlt! Immerhin dürfte der Abzweig zu der kleinen abgeschiedenen Bucht jetzt bald kommen. Ich spähe in die Finsternis... Und plötzlich... tauchen zwei Motorräder neben uns auf.
— Mist, die Bullen! Bei deiner Fahrweise musste das ja kommen!
Und schon geben sie uns Zeichen, anzuhalten. Meine Frau wischt mit dem Handrücken ihre Tränen aus dem Gesicht und lässt die Scheibe herunter, um ihre Papiere vorzuzeigen, wie es die beiden Beamten verlangen. Aus dem Augenwinkel verfolge ich angespannt denjenigen, der um unser Auto herumtigert, mit der klaren Absicht, uns dafür bezahlen zu lassen, dass er bei diesem Sauwetter Streife fahren muss. Es soll wenigstens nicht umsonst sein, denkt er wahrscheinlich. Dass er Großmama im Kofferraum entdeckt, würde gerade noch fehlen! Ich bete zum Himmel, dass meine Frau, die zusehends blasser wird, zittert und stottert, die Nerven behält! Ich bezweifle allerdings, dass sie es schafft. Der andere Polizist scheint milder gestimmt zu sein. Er ist bereit, uns weiterfahren zu lassen, und geht wieder in Richtung Motorrad, doch der andere bleibt hartnäckig.
Ganz bestimmt ist er schlecht drauf, und natürlich muss es uns jetzt treffen! Mit seiner Taschenlampe leuchtet er den Fahrgastraum aus, und mit seinen Blicken durchsucht er das ganze Auto. Er sieht enttäuscht aus. Da befiehlt er mir, den Kofferraum zu öffnen. In dem Moment dreht meine Frau durch.
Als ich höre, was sie sagt, stehen mir die Haare zu Berge:
— Finger weg vom Kofferraum, brüllt sie, da ruht meine Großmutter drin! Mein Mann hat versehentlich auf sie geschossen! Wir wollten sie gerade ins Meer werfen. Verstehen Sie? In dem Zustand können wir sie doch nicht behalten.
Einen einfachen Polizisten kann ein solch spontanes Geständnis schon sprachlos machen. Als er sich wieder gefangen hat, fängt auch er an zu brüllen, um seinen Kollegen zu alarmieren, der auf meine Tür zustürzt, mich mit Gewalt aus meinem Sitz zerrt und mich gegen die Motorhaube drückt. Da stehe ich nun, die Hände in Handschellen auf dem Rücken, und muss mich einer ausführlichen Leibesvisitation unterziehen. Meine Frau befindet sich in der gleichen Situation, auf der anderen Seite der Motorhaube. Wir stehen da wie Pik-Sieben.
Jetzt wo wir unschädlich gemacht wurden, können sich die Bullen wieder aufspielen.
— Wir fahren also mit einer Leiche im Wagen durch die Gegend? Habe ich mir doch gleich gedacht, dass da etwas faul ist.
Ich sterbe vor Angst. Wie werden sie wohl reagieren, wenn sie entdecken, was von Großmama übriggeblieben ist, nachdem sie eine Ladung Schrot aus nächster Nähe abbekommen hat? Schonungslos zerren sie mich am Jackenkragen zum hinteren Teil des Autos, ohne von meinem Protest Notiz zu nehmen.
— Eine Leiche, eine Leiche... Nur nichts übertreiben!
Bei dem Gedanken, dass ich die Großmutter so leicht beseitigen konnte, sogar ohne zu zielen, überkommt mich die Lust, loszulachen, aber das ist jetzt nicht der richtige Augenblick. Der Polizist öffnet die Heckklappe... und seine triumphierende Mine entgleist in eine furchtbare Grimasse.
— Was ist das?
Er hält unseren Staubsaugerbeutel hoch.
Endlich komme ich dazu, die Lage zu erklären:
— Das da, das ist Großmama! Aus Versehen habe ich mit meinem Jagdgewehr auf ihre Urne geschossen. Seit drei Jahren schon stand sie auf unserem Kamin! Also hat meine Frau die Asche aufgesaugt, die auf dem Boden verteilt war, und die wollten wir jetzt ins Meer werfen... Das ist doch wohl nicht verboten, oder?